„Ich hab dich auch lieb, Baby!“

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K S B – Küssen, Sex, Beziehung. Marina ist 29, Single, happy. Und sie datet schon länger Männer im „mittleren Alter“. Mit gleichaltrigen kann sie nichts anfangen, das hat sie schon früh gemerkt. In ihrer Kolumne gibt sie uns Einblicke in ihre Begegnungen. Aber Achtung: Parallelen mit der Wirklichkeit sind reiner Zufall!

#85 Konrad

Ich schließe gerade die Tür zu meiner Wohnung auf, als mein Telefon ein leises „Bing“ von sich gibt.

Schreibt dieser Langweiler jetzt schon wieder, denke ich. Es sind doch gerade mal zwanzig Minuten seit unserer Verabschiedung vergangen und das Date war jetzt nicht so berauschend. Die zwei Kugeln Eis, Erdbeere und dunkle Schokolade, waren mein Highlight.

Vielleicht ist es auch gleich ein: „Danke, war nett, schönes Leben noch“. Das wäre mir das liebste an der Stelle. Ich habe das Dating-Leben so satt.

Aber es ist nicht „Tommaso, 38“ von Tinder. Es ist Konrad.

Schon als ich seinen Namen lese, verdrehe ich ungewollt die Augen. Ich habe keine Lust auf eine Konversation. Konrad ist eine meiner zugegeben eher dämlichen Ideen aus dem letzten Sommer. Wir haben uns über die Arbeit kennengelernt und irgendwie war ich empfänglich für große Männer mit braunen Augen.

Daher erschien es mir eine gute Idee, mich mit ihm privat zu verabreden. Konnte ja keiner ahnen, dass der nicht ganz richtig tickt.

Wir trafen uns also ab und zu privat. Er holte mich meistens ab, wir gingen etwas essen oder spazierten irgendwo im Grünen. Die Gespräche waren auch ganz okay, er hatte ein bewegtes Leben und ich hörte auch manchmal einfach gerne zu.

Zum Glück merkte ich schnell, dass er kein Interesse an mir selbst hatte. Es war egal, was ich so erlebt habe, wo ich herkomme oder was mich und meine Welt so bewegte. Hatte er keinen Vorteil aus dem Gespräch ziehen können, wollte er lieber knutschen und rummachen.

Es war also eher einseitig und so wurde keine große Geschichte daraus. Es hielt ihn trotzdem nicht ab, mir zu schreiben.

Bei dir oder im Hotel?

„Wie läuft’s mit deinem Neuen?“ fragte er unverblümt und ohne jede Einleitung.
„Lange Geschichte.“ Und es geht ihn ja auch wirklich gar nichts an.
„Können wir uns mal wieder daten?“ Das ist dann, ich muss kurz nachzählen, der vermutlich fünfte Anlauf, den er nimmt. In diesem Monat. Wir haben heute den 16.
„Bei dir?“, frage ich zurück. Treffen will ich mich nicht mit ihm, nur ihn etwas ärgern. Das wird heute meine Laune wieder etwas heben.
„Nein, wenn dann Hotel.“ Aaaah, na klar. Hotel, wie im Film. Noch ein paar grüne Scheine auf dem Nachtisch. Es könnte ja wirklich alles so schön einfach sein.
„Nein, wenn dann Hotel.“
„Warum Hotel?“, frage ich neugierig.

„Anna.“ Seine aktuelle „Freundin“ ist also noch aktuell. An der Stelle ist das doppelte „aktuell“ wichtig. Das kann innerhalb 24 Stunden nämlich völlig anders aussehen.
„Aber ihr habt doch eine offene Beziehung.“

Erstmal vögeln, Baby

„Es kann jeder machen, was er will.“ Na genau, das merkt man ja. Konrad betrügt Anna schon seit… vermutlich immer. Er erzählt immer ganz großspurig von seinen ganzen Ficks und Verabredungen.

„Ich habe Lust auf dich. Ich erkläre es dir irgendwann, jetzt möchte ich dich erstmal schön vögeln, Baby.“ Ich muss laut lachen.

„Mit Anna läuft es auch nicht mehr so. Ich würde mich auf dich einlassen, wenn ich dich heiraten darf.“ Na das ist ja ein schönes Angebot. Ich lehne ab.
„Danke. Aber du öffnest dich mir nicht, wie soll ich dich dann heiraten wollen.“
„Ich lasse nur wenige Frauen in mein Leben und das hat sich immer als sehr positiv bewährt, um mir ‚Frauen’ vom Leib zu halten, die ein süßes Leben suchen.“
„Es wäre schade, wenn du mich so einschätzt.“

Ich hatte mich nie von ihm aushalten lassen. Das sollte sich jetzt als besonders klug erweisen. Wenn, war er es, der mir das süße Leben versprochen hatte und immer alles zahlen wollte. Er wollte auswandern, heiraten, Kinder, mir meine neuen Brüste bezahlen, wenn ich welche wollte.

„Bei deiner Sprunghaftigkeit ist das nicht von der Hand zu weisen. Nimm es nicht persönlich, ich mag dich“, schreibt er dann.
„Doch, das nehme ich persönlich. Ich zahle meine Rechnungen selbst.“
„Melde mich gleich wieder. Ficke gerade meine ehemalige Nachbarin.“ Unglaublich! Die nächste Nachricht von ihm kommt keine Minute später.

„Falls du dich nicht mehr erinnerst: Du hast mir damals ein klares Nein gegeben, was du noch nicht wieder aufgehoben hast.“ Wie im Kindergarten. Du hast angefangen, nein du.

„Du willst keine Frau, die ein süßes Leben neben dir will. Aber du redest von großer Liebe, Hochzeit, Kindern, Auswandern und einem Leben am Mittelmeer. Wirf mir nicht vor, dass ich damals den ein oder anderen Gedanken mal verschwendet habe.“
„Kinder definitiv nicht, ich möchte mein Leben nur noch genießen.“
„Vor wenigen Monaten wolltest du mir noch eins machen. Sag nicht, ich sei sprunghaft.“

Dir noch ein schönes Leben

„ Wenn du doch ein Kind möchtest, such dir bitte einen anderen.“
„DU hast es mir damals vorgeschlagen. Lassen wir das Thema jetzt. Ich habe keine Lust mehr darauf.“
„Was jetzt? Das Kind oder uns?“
„Uns.“

„Okay, mach dir ein schönes Leben!“
„Nimm es nicht persönlich. Ich mag dich.“ Kontere ich und nutzte seine eigenen Worte.
„Du solltest dir neue Sprüche zulegen.“
„Nein danke, ich nehme gern deine.“

„Ich hab dich auch lieb, Baby!“ Das war für heute sein letzter Satz. Hoffentlich ist nun wenigstens ein paar Tage länger Ruhe.

Ich werfe das Telefon aufs Bett und ich gehe unter die Dusche. Das heiße Wasser entspannt mich und bringt mich auf andere Gedanken. Es ist Zeit dafür, den heutigen Tag zu beenden. Die Sonne ist bereits untergegangen und die Luft noch warm.

Bevor ich einschlafe, ist mein letzter Gedanke, dass ich heute mit einer Erfahrung mehr ins Bett gehe als gestern. Vielleicht gehe ich morgen ein Eis essen. Einmal Erdbeere und dunkle Schokolade, bitte!

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Konrad, 48, bezahlt alles nur in bar, adelt sich selbst auf Social Media und hält sich selbst für den Größten mit dem Größten.

Marina, 29, berichtet über ihre Begegnungen mit Männern im mittleren Alter.

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