Mein lieber Freund…
Dir reicht eigentlich schon der Stress mit dem ersten Kind, sagst Du. Sie aber will ein zweites. Und fordert außerdem, dass Du anschließend noch „da unten“ an Dir rumschnipseln lässt.
Das sind ja zwei sehr unterschiedliche Themen.
Zum „Rumschnipseln“, medizinisch Vasektomie, kann ich Dir nur zuraten – wenn die Familienplanung abschlossen ist. Das tut nur einmal ganz kurz etwas weh und bringt danach große Freiheit und viel Freude. Die Frauen lieben es.
Ich weiß nicht heißt: „Nein!”
Aber bei Euch ist ja noch ein Wunsch offen… zumindest bei ihr.
Du hast mich ganz schön geschockt, als Du so gesprochen hast. Deine Selbstauskunft war so deutlich in Deinen Worten und Gesten zu lesen… Ich gebe zu, ich war zu perplex, um Dir das zu spiegeln. Deswegen jetzt hier der Brief.
„Ich weiß nicht“ heißt „Nein“. Dieser Spruch begleitet mich jetzt schon eine ganze Weile durch mein Leben.
NEIN! DU WILLST DAS NICHT! Dann mache es auch nicht!
Du bist kurz davor nachzugeben
Dir ist anzusehen, wie Dich Dein Job stresst. Selbstständig, gerade die Pandemie irgendwie überstanden, dabei einiges an Existenzängsten ausgehalten. Ich habe volles Mitgefühl. Und Verständnis.
„Was soll ich denn machen“, hast Du Deine Ausführungen beendet. Das war keine offene Frage, sondern schon die Einleitung zur Kapitulation. Dann bekommt sie halt ihren Wunsch, dann macht ihr eben noch ein zweites Kind… auch, wenn Du eigentlich nicht willst.
Der Mann, das schwache Geschlecht. Echt, Du bist das beste Beispiel.
War es das schon in meinem Leben?
Ich ahne, wie das enden wird: Sie wird überglücklich mit dem kleinen Baby im Arm im Kinderbett liegen. Du wirst Dich um die Große kümmern, parallel versuchen, Dein Geschäft zu wuppen. Es wird schon gut gehen. Eine zeitlang zumindest.
Bis es einen von Euch reißt. Dich zum Beispiel gesundheitlich, weil Du Dich so lange übergangen hast und dann einfach nicht mehr kannst.
Oder sie, die merkt: Das perfekte Familienglück ist für ein paar Jahre ja mal ganz hübsch. Aber sich immer nur für die Kinder und den Mann aufopfern – nein, das will sie dann irgendwann nicht mehr.
Dann wird sie sich fragen: „War das schon alles in meinem Leben?“
Kümmere Dich zuerst um Dich!
Ich weiß nicht, wie vielen meiner Freunde und Bekannten das so gegangen ist, dass die Frau irgendwann aufgewacht ist. Und plötzlich den gemeinsamen Alltag nicht mehr mochte.
Ja, klar, Eure Geschichte kann auch gut gehen. Und glücklich lebten sie bis zum Lebensende…
Aber ey, Alter, das funktioniert nur, wenn Du Dir Deiner bewusst bist. Wenn Du Entscheidungen wie die, ein zweites Kind zu zeugen, wirklich von Herzen triffst. Weil DU es willst – nicht, weil sie es will.
Ich rate Dir dringend, Dich erst einmal um Dich zu kümmern.
Was willst Du wirklich? Was tut Dir gut? Ist die jetzige Konstellation in Ordnung – liebst Du sie, wirklich und von Herzen? Bist Du glücklich?
Wenn nicht, gebe ich Dir den dringenden Rat: Kümmere Dich zuerst um Deinen Vorgarten, später um ihren.
Nur, wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben.
Ich wünsche Dir alles Gute!
Dein Arthur
In seiner Kolumne „Mein lieber Freund“ schreibt Arthur unregelmäßig an Freunde und Bekannte. Arthur ist bewusst ein Pseudonym. Die Adressaten sind nicht völlig frei erfunden.